Margarete Steffin
*21. März 1908 in der Victoriastadt in Rummelsburg, heute Berlin; †4. Juni 1941 in Moskau
75. Todestag
Margarete Steffin zählt zu den noch wenig beachteten deutschen Schauspielerinnen und Schriftstellerinnen. Bekannt wurde sie zunächst vor allem durch ihre Liebesbeziehung, viel später erst durch die Arbeitsbeziehung zu Berthold Brecht. Hartmut Reiber rückte das Bild von ihr in seinem 2008 erschienenen Buch „Grüß den Brecht – Das Leben der Margarete Steffin“ zurecht.
Ihr Geburtshaus steht unweit des heutigen Museums Lichtenberg in der Geusenstraße 12. Ihre Eltern waren Johanna und August Steffin, er ein Kutscher, später Fabrik- und Bauarbeiter. Sehr früh fiel Margarte durch ihre ungewöhnliche Intelligenz und das Talent für Literatur auf. Als Schülerin verfasste sie schon eine Erzählung und ein Theaterstück. Als sie das Lyzeum besuchen wollte, untersagte der auf seinem proletarischen Stand beharrende Vater den Schulwechsel. So absolvierte sie eine Lehre als Kontoristin beim Globus-Verlag. Sich gegen den Willen Ihres Vaters behauptend, besuchte sie Abendkurse und Vorlesungen in denen sie Fremdsprachen und politisches Wissen erwarb. Zugleich engagierte sich in der Arbeiterkulturbewegung und trat z.B. in den so genannten „Roten Revuen“ auf. Bei Helene Weigel nahm sie dafür Unterricht in Sprechtechnik.
1931 lernte sie Bertold Brecht kennen, der sofort von ihr beeindruckt war. Fortan arbeitete sie auch als Sekretärin am Theater am Schiffbauerdamm. In der Uraufführung von „Die Mutter“ spielte sie 1932 ein Dienstmädchen. Sehr schnell entwickelte sich zwischen ihr und Brecht eine Liebes-, aber auch eine intensive Arbeitsbeziehung. Margarete Steffins Erfahrungen im proletarischen Leben, ihre künstlerische Ausdrucksfähigkeit und Sprachfertigkeit sowie das autodidaktisch erworbene Wissen in Literatur, Theaterpraxis und marxistischer Theorie trugen dazu bei. All das schlug sich in Brechts künstlerischen Arbeiten wie den Stücken „Die Mutter“ nach Maxim Gorki, „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ und im „Dreigroschenroman“ nieder. Brecht selbst nannte sie mitunter seine Co-Autorin, doch ist ihr Anteil am Brecht‘schen Werk, das kollektiv erarbeitet wurde, schwer nachzuvollziehen. Erst mit den 1990er Jahren begann sich die Erkenntnis ihrer künstlerische Eigenständigkeit durchzusetzen. Sie schrieb u.a. Gedichte, Kurzprosa und zwei Dramen für Kinder, in denen sie ihre Erfahrungen im Arbeitermilieu wiedergab.
Von großem Wert war für Brecht auch ihre ausgeprägte Fähigkeit, schnell und perfekt Fremdsprachen zu erwerben und anzuwenden, was ihm besonders im Exil zugute kam. Sie beherrschte Russisch, Englisch, Französisch, Dänisch und Schwedisch. Ihre Kenntnisse in Norwegisch und Finnisch waren ebenfalls so gut ausgeprägt, dass sie für Brechts Korrespondenz in den Exilländern sehr hilfreich waren.
Margarete Steffin schmerzte, dass sich Brecht 1933 für seine Frau Helene Weigel entschied und später Liebesbeziehungen zu weiteren Frauen einging. Auf der Flucht vor der NS-Diktatur über Dänemark, Schweden, Finnland und die Sowjetunion begleitete sie dennoch die „Großfamilie Brecht“. Die Weiterfahrt in die USA über Wladiwostok im Frühjahr 1941 konnte sie aufgrund der Verschlechterung einer schon vor Jahren diagnostizierten Tuberkulose nicht mehr antreten. Sie verstarb am 4. Juni 1941 an den Folgen der Krankheit in Moskau.