Objekt des Monats September
Der Stempel mit dem Schriftzug „VEB Kombinat Sekundärrohstofferfassung“ stammt aus dem ehemaligen Berliner Stadtbezirk Lichtenberg.
Der „VEB Kombinat Sekundärrohstofferfassung“ organisierte unter Verwendung der Abkürzung SERO den Ankauf und die Rückführung von Rohstoffen, wie Papier, Glas, Schrott verschiedenster Metalle oder Textilien. Mit dem Aufkommen von Kunststoffverpackungen und Spraydosen wurden auch diese der Wiederverwertung zugeführt. Gesammelt wurden auch Kastanien, Eicheln, Bucheckern für die Fütterung von Wild- und Nutztieren.
Das Sammeln von Alt- bzw. Sekundärrohstoffen war ein wichtiger Bestandteil der DDR-Wirtschaft, aber auch ein Teil der Alltagskultur. Sekundärrohstoffe wurden in so genannten SERO-Sammelstellen entgegengenommen.
Schon in den 1950 Jahren war die DDR Wirtschaft bestrebt, wieder verwertbare Materialien zu erfassen und dem Wirtschaftskreislauf erneut zu zuführen. Das Ministerium für Leichtindustrie, VVB Rohstoffreserven, Berlin Karlshorst, warb 1955 in zwei Heften mit dem Titel „Rumpelmännchens Erlebnisse" für das Sammeln von Altstoffen. Der Illustrator Horst Boche adaptierte darin den von Johannes Hegenbarth schon zuvor geschaffenen Urtyp des „Rumpelmännchens“. Viele andere Grafiker variierten es in den Folgejahren. Die Kinder- und Jugendzeitschriften „Atze“ und „Frösi“ wollten die Kinder mit dem einem Kobold ähnelnden Geschöpf für das Sammeln gewinnen. In den 1980er Jahren kam der rosa Elefant „Emmy“ dazu. Er sollte das offenbar zurückgehende Interesse am Sammeln insbesondere bei Kindern neu beleben.
Die DDR als an Rohstoffen armes Land war auf diese – heute Wertstoffe genannten – Materialien angewiesen. Zum Ende der DDR beschäftigte das SERO-Recycling-System etwa 29.000 Menschen. Die Annahmestellen wurden häufig gewerblich und nebenberuflich betrieben. Von ihnen aus gingen die Rohstoffe zur Wiederaufbereitung in Glaswerken, Papierfabriken, Metallschmelzen und Textilmühlen. In einem dichten Netz von Annahmestellen konnten zu einem erstaunlich hohen Preis Altstoffe abgegeben werde. Ein Kilogramm Zeitungspapier oder Wellpappe brachte, ebenso wie ausgewiesene Weißglasflachen, 30 Pfennige in das Portemonnaie, eine leere Spraydose 10 Pfennige. Das war nicht nur für die Sammler, sondern auch für die DDR-Wirtschaft ganz offenbar ein lohnendes Geschäft. 1989 konnten mit der Erfassung und Wiederverwertung von Sekundärrohstoffen und damit durch das Vermeiden von teuren Materialeinfuhren 3 Milliarden DDR-Mark eingespart werden. Das Bild unten zeigt die Bilanz der Altstoffsammlung der Robert-Uhrig-Schule 1980-81.
Dieses System diente auch der Erziehung der Kinder und Jugendlichen. Dabei stand nicht die materielle Interessiertheit im Fokus, sondern die Bindung der Jugend an den Sozialismus. Gesammelt wurde vor allem im und für das Kollektiv. Insbesondere die Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ organisierte Sammelaktionen, deren Erlös in die Beschaffung von Solidaritätsgütern für Vietnam, Angola oder Nicaragua floss. Diese Sammlungen waren Bestandteil des „Schüler- oder Pionierwettbewerbs“, der auf Wandzeitungen und Fahnenappellen die Besten herausstellte und so Anreize für ein „vorbildliches und sozialistisches und Verhalten“ vermitteln sollten. Jedes Schulkind war in den 1980er Jahren aufgerufen, auf diese Weise jährlich eine bestimmte Anzahl an „Solipunkten“ zu sammeln. Darüber hinaus gehende Erlöse flossen in Klassenkassen, frischten aber auch das Taschengeldkonto auf. Kinder klingelten regelmäßig an Wohnungstüren, um Sammelgut zu erfragen. Viele ältere Menschen, aber auch jene, die Altstoffe nicht selbst entsorgen wollten, horteten sie in Kellern und Schuppen, weil sie wussten, dass die Kinder sie mit Eifer und Freude holen würden.
Mit dem Ende der DDR kam auch das Ende von SERO und es begann fĂĽr die ehemaligen DDR-BĂĽrger der Einstieg in die Wegwerf-Gesellschaft.
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Quellen:
Spiegel 04.06.1990, Spiegel 13.12.2013
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